Internationaler Jugendaustausch: Brücken bauen – auch in Krisenzeiten

Geschrieben von lauriac am in Allgemein

In einer Welt, die durch politische Spannungen und kriegerische Konflikte zunehmend gespalten scheint, gewinnen internationale Jugendaustausche eine besondere Bedeutung. Für uns als gemeinnützige Organisation, die sich seit Jahren für den Austausch zwischen jungen Menschen einsetzt, ist klar: Interkulturelle Begegnungen sind unverzichtbar, besonders in Zeiten der Krise. Sie bieten Jugendlichen nicht nur die Möglichkeit, andere Kulturen kennenzulernen, sondern fördern Dialog, Respekt und Zusammenarbeit. In einer Zeit, in der Konflikte an vielen Orten der Welt eskalieren, sind solche Austauschprojekte wichtiger denn je.

Sportorientierte Jugendsozialarbeit als Brücke der Verständigung

Der Kern unserer internationalen Begegnungen basiert auf der sportorientierten Jugendsozialarbeit. Bei der GSJ verstehen wir Sport als wirksames Mittel der Persönlichkeitsentwicklung und Integration.

Sport ermöglicht jungen Menschen, in einem sicheren, strukturierten Umfeld Werte wie Teamgeist, Fairness, Disziplin und Respekt zu lernen – und das ganz praxisnah. Besonders in der Arbeit mit benachteiligten Jugendlichen ist Sport ein wirkungsvolles Instrument, um Bildungsbarrieren zu überwinden. Indem wir Sportprojekte mit Bildungsinhalten kombinieren, schaffen wir Lernräume, die auch jenen Jugendlichen zugänglich sind, die im formalen Bildungssystem oft übersehen werden. Sport bietet ihnen eine Sprache, die sie verstehen und in der sie sich ausdrücken können, unabhängig von ihrem sozialen oder kulturellen Hintergrund.

Projekte wie das FußballBildungsprojekt FAIR FRIENDS, das polnische und Berliner Grundschüler zusammenbringt, zeigen eindrucksvoll, wie Sport Brücken baut. Solche Begegnungen fördern das gegenseitige Verständnis und tragen dazu bei, Vorurteile abzubauen und neue Freundschaften zu schließen.

Der Jugendaustausch Berlin-Ashkelon: Partnerschaft im Schatten des Krieges

Ein besonderes Beispiel für die Bedeutung interkultureller Begegnungen ist die langjährige Zusammenarbeit zwischen Jugendgruppen aus Berlin-Pankow und Ashkelon, Israel. Möglichkeit dafür bietet die Städtepartnerschaft zwischen Pankow und Ashkelon, die u.a. den Austausch junger Menschen zum Ziel hat. Sie ermöglicht Jugendlichen, nicht nur eine neue Kultur kennenzulernen, sondern auch gegenseitigen Respekt und Verständnis zu entwickeln.

2023 erlebten 12 Jugendliche und 3 Betreuer aus Berlin hautnah, was es bedeutet, in einer Krisenregion zu sein. Am 7. Oktober, als die Hamas Israel angriff, befand sich die Gruppe in Ashkelon. Dank der schnellen Unterstützung der lokalen Kooperationspartner konnten alle sicher zurück nach Berlin reisen. Der Schock war groß, aber ebenso groß war die Solidarität. Dieser Vorfall zeigt: In Zeiten des Krieges sind Menschen, die Brücken bauen, besonders wichtig. Die Jugendlichen haben aus erster Hand erfahren, wie fragil Frieden ist – und wie wertvoll Dialog und Zusammenarbeit.

Auch im Jahr 2024 fand der Austausch statt, allerdings in einer anderen Form. Nur die israelischen Jugendlichen reisten nach Berlin. Aufgrund der angespannten Lage in Israel und mit seinen Nachbarn wird der Rückaustausch auf unbestimmte Zeit verschoben. Aber selbst in dieser verkürzten Form bleibt das Format ein starkes Zeichen für Zusammenhalt und Friedensarbeit.

Internationale Begegnungen zwischen formaler und nonformaler Bildung

Ein wichtiger Aspekt in der Einordnung von Jugendaustauschen ist die Unterscheidung zwischen formaler und nonformaler Bildung. Während formale Bildung in Schulen stattfindet, bietet nonformale Bildung, wie sie bei internationalen Jugendaustauschen gelebt wird, einen flexiblen Lernrahmen. Sie fördert soziale und emotionale Fähigkeiten wie interkulturelle Kommunikation und Empathie – Fähigkeiten, die im formalen Bildungssystem oft wenig Beachtung finden.

Gerade in Krisenzeiten zeigt sich die Bedeutung nonformaler Bildungsangebote. Internationale Jugendaustausche ermöglichen Jugendlichen, durch direkte Interaktionen neue Kulturen zu erleben, Vorurteile zu hinterfragen und globale Perspektiven zu entwickeln.

Interkulturelles Lernen: Mehr als nur ein Austauschprogramm

Interkulturelles Lernen ist das Herzstück der Austauschprojekte. Es geht nicht nur um den Besuch eines anderen Landes, sondern um einen tiefgreifenden Lernprozess auf mehreren Ebenen:

  • Kognitives Lernen: Jugendliche erweitern ihr Wissen über Geschichte, Kultur und Lebensumstände des anderen Landes. In Ashkelon haben die Berliner Jugendlichen ein Land erlebt, das immer wieder mit existenziellen Bedrohungen konfrontiert ist. Sie haben die israelische Perspektive besser verstehen gelernt und sich mit den politischen und historischen Hintergründen auseinandergesetzt.
  • Affektives Lernen: Der persönliche Kontakt fördert Empathie. Viele der Jugendlichen haben Freundschaften geschlossen, die ihnen halfen, die Unsicherheiten und Ängste, die der Krieg ausgelöst hat, besser zu bewältigen. Diese emotionale Verbundenheit schafft eine langfristige Basis für Respekt und Toleranz.
  • Verhaltensbezogenes Lernen: Jugendliche lernen, in einem fremden kulturellen Kontext zu handeln. Wie reagiert man in Krisensituationen? Wie kommuniziert man mit Menschen, die eine ganz andere Lebensrealität haben? Diese Erfahrungen stärken nicht nur die individuelle Resilienz, sondern auch die Fähigkeit, auf Herausforderungen zu reagieren, die sich global ergeben.
  • Reflexives Lernen: Jede internationale Begegnung ist auch eine Gelegenheit, die eigene kulturelle Prägung zu hinterfragen. Durch die Auseinandersetzung mit der israelischen Lebensrealität reflektierten die Berliner Jugendlichen auch ihr eigenes Verständnis von Sicherheit, Konflikt und Frieden.

Ein Beitrag zum Frieden in Krisenzeiten

Gerade jetzt, da der Krieg auch nach Europa zurückgekehrt ist, braucht es mutige Initiativen wie den internationalen Jugendaustausch. Kriege entstehen dort, wo Dialoge abbrechen, wo Vorurteile und Feindbilder die Überhand gewinnen. Interkulturelle Begegnungen bieten eine Alternative: Sie sind Lernräume, in denen Jugendliche erfahren, dass Unterschiede bereichern und nicht trennen müssen. Sie entwickeln die Fähigkeit, Konflikte nicht nur zu überstehen, sondern auch aktiv zum Frieden beizutragen.

Eine Investition in die Zukunft

Die Arbeit von Projektleitern wie Peter Wissmann ist in diesem Zusammenhang von unschätzbarem Wert. Nicht nur im Rahmen des Jugendaustauschs mit Ashkelon, sondern auch in Projekten wie FAIR FRIENDS zeigt sich, wie wichtig diese Begegnungen für weniger privilegierte Zielgruppen sind. Besonders Jugendliche aus sozial benachteiligten Verhältnissen profitieren von diesen internationalen Austauschmöglichkeiten, weil sie Erfahrungen machen, die ihnen sonst oft verwehrt bleiben würden.

Internationale Begegnungen öffnen Horizonte, erweitern den Blick auf die Welt und stärken das Selbstbewusstsein junger Menschen, die lernen, dass sie Teil einer globalen Gemeinschaft sind. Für diese Jugendlichen ist der Austausch eine Chance, soziale und kulturelle Barrieren zu überwinden und in einem friedlichen Europa und darüber hinaus aktiv mitzuwirken.

Internationale Begegnungen brauchen Ressourcen

Damit internationale Jugendaustausche auch in Zukunft stattfinden können, brauchen wir Unterstützung. Diese Programme sind nicht nur ein wertvolles Bildungsinstrument, sondern ein wirksames Mittel zur Friedenssicherung. Jede Investition in diese Projekte ist eine Investition in eine friedlichere und gerechtere Welt.

Die GSJ setzt sich dafür ein, dass junge Menschen auch in schwierigen Zeiten die Möglichkeit haben, voneinander zu lernen, Brücken zu bauen und zu verstehen, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist – sondern eine gemeinsame Aufgabe. Und der Sport ist dafür ein ideales Mittel.

 

veröffentlicht am: 18. Oktober 2024

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